Flèche Allemagne, 29./30. Mai 2014

Der „Flèche Allemagne“ (flèche = frz. Pfeil) ist eine Langstrecken-Sternfahrt, die von den Audax Randonneurs Allemagne (ARA) organisiert wird und alle zwei Jahre stattfindet. Teams von drei bis fünf Fahrerinnen und Fahrern fahren in 24 Stunden zum Treffpunkt auf der Wartburg in Eisenach eine mindestens 380 Kilometer lange Strecke, die vom jeweiligen Team-Kapitän erstellt wird und von den Organisatoren genehmigt werden muss. So viel zu den Regeln.

Da es irgendwann absehbar war, dass ein eigenes ABC-Team nicht zustande kommen würde, klinkte ich mich in das Team von Hans-Hermann ein, in dem mit Jörg, Andrea und Thorsten einige weitere mir bekannte Randonneure mitfuhren. Der Name unseres Teams lautete „Elbe-Kattenberg-Express“, da wir im Fährhaus Altengamme „anner Elbe“ um 9.00 Uhr am 29. Mai, am Himmelfahrtstag starteten. (Andrea und Jörg sind im RSC Kattenberg). Ich beschloss mit dem Rad von Altona nach Altengamme anzureisen und traf gegen 8.40 Uhr dort ein. Nach Tee und Kaffee und etwas Klönschnack machten wir uns auf die Strecke und pedalierten anfangs sehr gemächlich Richtung Süden. In Geesthacht ging es über die Elbe, über Winsen fuhren wir nach Celle. Der Wind meinte es gut mit uns und kam zumeist von hinten und der Seite, es war glücklicherweise die ganze Zeit trocken, doch die Temperatur blieb auch tagsüber bei unangenehmen 12 Grad, weshalb wir alle fröstelten.

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Unterwegs explodierte mir ein Schlauch und mein Hinterreifen hatte nach einiger Zeit eine Unwucht, was das Fahrvergnügen doch etwas schmälerte.

In Seesen machten wir gegen 20 Uhr nach rund 270 Kilometern eine längere Pause und speisten warm. Die Stimmung war sehr gut im Team und wir machten uns gegen 22.00 Uhr bei einsetzender Dunkelheit wieder auf den Weg. Am Rande des Harzes ging es weiter in Richtung Süden und wir erklommen manche Steigung und fuhren einige Abfahrten in der nun stockfinsteren Nacht. Mir machte die Nachtfahrt großen Spaß, auch wenn mir die Unwucht im Hinterreifen immer wieder, gerade bergab zu denken gab. Die einsetzenden Stille und die (wenigen) Geräusche der Nacht entschädigten mich aber.

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Irgenwo vor Bleicherode standen wir dann allerdings vor einer nicht passierbaren Baustelle, die unseren Käpt'n und uns alle überraschte. Wir mussten zurück und irrten nun eine Zeit lang umher, auf der Suche nach dem „verlorenen Track“. Für die Stimmung waren die „Extrakilometer“ auch nicht gerade förderlich. Doch irgendwann waren wir wieder auf der geplanten Route, allerdings hatten uns das reichlich Zeit gekostet.

Nach durchfahrener Nacht  ging dann plötzlich die Sonne auf und einige Minuten erstrahlte die Landschaft in einem atemberaubenden, goldenen Licht. Ein magscher Moment, in dem wir anhalten und die Stimmung aufsaugen mussten (und natürlich ein paar Fotos knipsten).

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Über Worbis fuhren wir nach Mühlhausen, unserem letzten Kontrollpunkt. Hier legten wir wieder eine etwas längere Pause ein und machten uns morgens um 7.00 Uhr auf das letzte Stück zur Wartburg auf. Es warteten jetzt noch einige Anstiege auf uns und unser Team „franste“ etwas aus. Ich musste mich meiner Jacke entledigen und fand mich kurz vor Eisenach alleine auf weiter Flur. In Eisenach sah ich dann einige Randonneure und fand schnell den Anstieg auf die Wartburg, der nach ca. 430Kilometern (für mich rund 470) und 26 Stunden ohne Schlaf noch ein – im wahrsten Sinne des Wortes - echtes „Highlight“ bot. Oben traf ich dann sofort einige Hamburger, u.a. Hanno und Friedhelm Lixenfeld. Hans-Hermann und Jörg sah ich kurz später, ebenso wie Andrea und Thorsten, die kurz nach uns ankamen.

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Nach dem Gruppenfoto (keine Ahnung ob das irgendwo im Internet zu finden ist) ging es dann wieder runter in die Stadt. Nach einer Katzenwäsche – die Duschen war mir zu bevölkert und ich verspürte keine große Lust dafür anzustehen – fuhren wir zum Treffpunkt, wo es dann Essen und ein Freigetränk gab. Die Auswahl an vegetarischen Gerichten wurde nach einiger Zeit etwas überschaubar, weshalb ich mir beim zweiten Gang Nudeln „nach Eimsbütteler Art“ genehmigte – Nudeln mit Ketchup. Die Stimmung war jetzt sehr gut und gelöst, die Sonne ließ sich blicken, wir schnackten trotz Müdigkeit viel und erfreuten uns alle an der Erfahrung der zurückgelegten Strecke und der Nachfahrt.

Vielen Dank den Organisatoren, die für eine sehr überschaubare Gebühr eine Menge boten (Essen, Aufkleber, etc.). Danke auch an unseren Kapitän, Hans-Hermann, der die Strecke erstellte und uns mit ins Team nahm. Auch wenn nicht alles glatt lief, war es für mich doch ein sehr schönes Erlebnis. Die Rückfahrt mit dem Zug war dann aber  recht zäh. Aufgrund eines “Personenschadens” hingen wir vor Weißenfels fest und durften nach längerer Zeit des Wartens einige richtig rasante Busfahrt „genießen“. Das war aber alles halb so wild und wir nutzten die Rückfahrt für das eine oder andere Nickerchen und weitere Gespräche.

Am Hamburger Hauptbahnhof setzte ich mich wieder aufs Rad und traf wenig später die Critical Mass, die mit über 5000 Teilnehmer/innen einen neuen Rekord aufstellte. (Am Flèche waren insgesamt 260 Fahrer/innen beteiligt - es müssen also nicht immer die großen Massen sein, wie ich finde …) Kurz überlegte ich, ob ich mich in die kritische Masse einreihen sollte, doch ich wollte jetzt möglichst direkt Hause, Essen fassen, etwas trinken und die Beine hoch legen.

Es blieb und bleibt das schöne Erlebnis, gemeinsam im Team von Hamburg zur Wartburg, diesem symbolischen Ort deutscher Geschichte gefahren zu sein und dort mit meinen Team-Mitgliedern und den anderen Randonneuren eine Art von Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln. Fléche Allemagne … Wartburg … ich komme wieder …

Hamburg, den 1. Juni 2014 / Lars A.