Tim Moore: Mit dem Klapprad in die Kälte
Tim Moore, Mit dem Klapprad in die Kälte. Abenteuer auf dem Iron Curtain Trail, Bielefeld: Covadonga, 2017.
Von Lars Amenda
Time Moore hat wieder zugeschlagen und ist auf Radreise gegangen. Dieses Mal ist er auf den Spuren des früheren Eisernen Vorhangs gewandelt und folgte den Spuren des Kalten Krieges. Kalt, ja bitterkalt, wurde es auch für Mr. Moore, denn er er startete im Februar im hohen Norden, im norwegischen Kirkenes seine abenteuerliche Tour. Um es möglichst schwer zu haben, wählte er ein MIFA-Klapprad aus den 1960er Jahren. Wobei sein “Klapprad”, als eines der letzten Exemplare des Modells (MIFA 900) über keinen Klappmechanismus mehr verfügte und entsprechend stabiler war. Dies sollte aber der einzige kurze Anflug von Realitätssinn bei ihm bleiben.
Tim Moore beschreibt ausführlich und in seinem typischen urkomischen Stil die selbstgewählten Strapazen bei Schnee, Wind und eisigen Temperaturen des arktischen Winters. Oder in seinen eigenen Worten: “Polares Klappradfahren ist eine unbarmherzige Geliebte mit einem Hang zu langwierigem tantrischen Sadismus.” (S. 42) Mit großer Freue macht er sich einmal mehr zum weltfremden Hampelmann und erlebt etliche absurde Situationen, nicht nur in Finnland. Durch Russland kämpft er sich gen Süden, kriegt zwischendurch Besuch von seiner Familie und sinniert über den Winterkrieg zwischen Finnland und der Sowjetunion.
Irgendwann ist es dann so weit und Tim Moore kann erstmals ohne Handschuhe fahren. Über das Baltikum und Polen kommt er schließlich nach Deutschland, besucht die MIFA-Werke, sein DDR-Radtrikot kommt allerdings eher nicht so gut an, weshalb er Hammer und Sichel schließlich überklebt. Danach zieht es ihn unweigerlich immer weiter gen Süden, durch Österreich, die Tschechische Republik, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien, Bulgarien, Griechenland und die Türkei. Nach der anfänglichen Kälte des winterlichen Nordeuropas brennt nun die sommerliche Sonne das Balkans auf ihn herab. Nach insgesamt 8558 Kilometern ist er angekommen und hat die Euro Velo-Route 13, die in fernen Zukunft durchgängig ausgeschildert sein soll, komplett abgeradelt. Auf einem Klapprad, na ja fast.
Tim Moores Reisebericht bietet einmal mehr beste Unterhaltung und Gags am laufenden Band. Im starken Kontrast dazu hat das Buch aber immer wieder auch nachdenkliche Momente, in denen er vom Irrsinn des Kalten Krieges und der Teilung Europas und der Welt erzählt, wofür er auf seiner ausgedehnten Reise schließlich auch reichlich Zeit hatte. Gerade diese Gegensätzlichkeit macht es zu einer eindringlichen und zugleich amüsanten Lektüre.